BEIRUT/BRAUNSCHWEIG. Es ist der Traum eines
jeden Fußball-Torwartstrainers, einmal in seiner Laufbahn eine Nationalmannschaft
zu trainieren. Für Christian Schweichler ist dieser Wunsch in Erfüllung
gegangen. Sein Team ist nicht etwa das von Deutschland, Österreich oder der
Schweiz sondern die libanesische Nationalmannschaft. Was sich im April diesen
Jahres, als Riesenherausforderung und großes Abenteuer angekündigt hatte ist
mittlerweile zu einer Erfolgsstory geworden.
Über Viertausend verletzte und 1900 getötete Menschen.
Zudem eine Vielzahl von zerstörten Städten und Dörfern. Auch sechs Jahre nach
dem Ende des Libanonkriegs sind die Folgen und die Erinnerungen noch immer den
Köpfen der Libanesen. Doch mittlerweile kehrt die Freude in das Land am
Mittelmeer zurück. Grund dafür, ist ihr ganzer Stolz, die
Fußball-Nationalmannschaft. Das Team, das vom Deutschen Trainers Theo Bücker trainiert
wird, steht in der letzten Qualifikationsrunde zur Weltmeisterschaft 2014 in
Brasilien. Dass der libanesische Fußballverband das Ziel und vor allem „ihren
Traum“, Brasilien, unbedingt erreichen möchte, beweißt die Tatsache, einen
professionellen Torwarttrainer einzustellen. Nach langer Suche fanden die
Verantwortlichen, im über 3100 Kilometer entfernten Mülheim an der Ruhr, mit
Christian Schweichler ihre „Wunschlösung“. In Deutschland ist der 34-Jährige
noch ziemlich unbekannt, dabei genießt er auf dem afrikanischen Kontinent einen
guten Ruf. 2010 feierte er mit dem sudanesischen Erstligisten Al Merreikh
Omdurman den Pokalsieg und die Qualifikation zur afrikanischen Champions
League. Nun, zwei Jahre später, folgte der nächste Schritt auf seiner Karrierestufe
nach oben. Einen Schritt, den der sympathische Glatzenträger bis heute nicht
bereut und als Riesenanreiz sieht. „Eine
Nationalmannschaft zu trainieren ist immer reizvoll. Ein solches Angebot erhält
man nicht alle Tage“, betont der 34-Jährige und schiebt nach. „Ich möchte mit
dem Aufbau einer Torwartakademie, Strukturen zu schaffen, die das Torwartspiel
im Libanon langfristig auf ein höheres Niveau heben“, gibt Christian
Schweichler als sein Ziel aus. Dass der Stellenwert der libanesischen Fußballnationalmannschaft
von Jahr zu Jahr wächst, beweißt die Tatsache das mit Roda Antar (ehemals SC
Freiburg) und Youssef Mohamad (ehemals 1. FC Köln) zwei Ex-Bundesligaspieler im
Nationalkader stehen. Zudem verdienen mit Adnan Haidar (Stabaek IF) und Hassan
Saad (Kansas City) zwei Nationalkicker ihr Geld im Ausland. Mit Keeper Abbas
Hassan (IFK Norrköping) steht ein weiterer Nationalspieler im Ausland unter
Vertrag. Der 27-Jährige Leistungsträger wird in seiner Heimat als großes Idol
gefeiert. Dank seiner starken Leistungen wurde der Torwart bereits vom
englischen Meister Manchester City zum Probetraining eingeladen. Auch wenn die Libanesen,
mit Abbas Hassan über einen guten Schlussmann verfügen, sieht Christian
Schweichler bei der Torwartausbildung Nachholbedarf. „Die
Ausbildung junger Talente lässt leider generell auch im arabischen Raum noch immer
zu wünschen übrig. Die ideale Ausführung torwartspezifischer Grundtechniken,
stellt viele Keeper vor große Probleme“, betont der studierte
Sportwissenschaftler. Seinen Lebensmittelpunkt hat der Torwarttrainer mittlerweile
komplett nach Vorderasien verlegt. „Ich wohne in einem Vorort von Beirut und
habe das Glück in meiner Freizeit eine Menge über das Land und seine Kultur
lernen zu dürfen. Speziell Beirut ist mit seinen vielen kulturellen und
gastronomischen Angeboten ein Ort, der viele Menschen aufgrund des hohen
Lebensstandards anzieht“, erklärt der Mülheimer, der die Libanesen als sehr
gastfreundliche Menschen kennengelernt hat. „Die Mehrheit der Menschen im
Libanon ist weltoffen und pflegt einen westlichen Lebensstil. Dennoch ist die
Gesellschaft natürlich arabisch geprägt“, so Christian Schweichler, der mit
„seinen Libanesen“ im nächsten Jahr die „WM-Quali“ schaffen möchte. „Wir werden
alles daran setzen, dass wir uns unseren Weltmeisterschaftstraum erfüllen. Das
haben sich die Menschen im Libanon verdient.“
Von Henrik Stadnischenko
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